Billerbeck: Billerbecker Ringofenziegelei, Ing. Hubert Ahlers

Der Landwirt Heinrich Gehrmann gründete 1860 eine Feldbrand-Ziegelei. Einzig nachweisbares Gebäude ist das 1. Geschoss des heute noch vorhandenen Pressenhauses. In späterer Zeit, vermutlich bis zum wirtschaftlichen Niedergang im Jahre 1905, wurde ein Ringofen gebaut, der mit Schubkarren be- und entladen wurde. Der Ton wurde mit Lehmspaten von Hand auf den umgrenzenden Äckern gewonnen. Auf sogenannten „Bindfadengleis“ mit einer Spurweite von ca. 400 mm wurde der Rohstoff auf hölzernen Wagen mit Menschen oder Pferdekraft zur Ziegelei befördert. Die Lehmmächtigkeit betrug selten über einem Meter. Der Ton wurde in einem Kollergang mit Pferdegöpel für die Produktion vorbereitet. Die Steine wurden im Handstrichverfahren geformt und in einem Feldbrandofen mit Holz, dass zwischen die auf Lücke gestapelten Rohlinge gesteckt wurde, gebrannt. Nach dem frühen Lehmabbau auf seinem, der Ziegelei gegenüberliegenden Grundstück, baute Gehrmann aus selbst produzierten Ziegeln ein neues landwirtschaftliches Anwesen. In dem Anwesen entstanden auch Ställe für Pferde, die u.a. die Loren zogen.

1905 gab Gehrmann das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen auf und verkaufte dieses an die Gastwirtschaft und Brennerei Hubert Ahlers und die Molkerei Suwelak. Es ist anzunehmen, dass die Ziegelei zunehmend mechanisiert wurde. U.a. wurden ab ca. 1905 für die Förderung der Rohstoffe 600mm-Feldbahngleise und Stahlmuldenkipper angeschafft. Die Förderung erfolgte weiterhin mit Pferden.

1927 verließ Suwelack das Unternehmen und Hubert Ahlers, später sein Sohn Edmund Ahlers, mechanisierten die Ziegelei weiter. 1927 wurde eine Dampfmaschine angeschafft, für die eigens ein Kesselhaus mit stählernem Schornstein gebaut wurde. Zu dieser Zeit wurde vermutlich ein neuer Kollergang gebaut, zu dem das Pressenhaus um ein Geschoss erweitert wurde. Die Beschickung des Kollerganges erfolgte von Süden über eine Rampe zum Obergeschoss, auf das die Loren mit einem Seilzug hochgezogen wurden.

In den dreißiger Jahren stellte sich eine Blütezeit für die Ziegelei ein. Es waren in der Hauptsaison, d.h. ab 01.04. jeden Jahres ca. 30 Mitarbeiter beschäftigt, davon ca. 5 Wanderziegler aus dem Lipperland, aber auch über lange Zeit ein Wandlerziegler aus Lütgendortmund. Die Wandlerziegler hatten Übernachtungsmöglichkeiten im Bauernhaus. Um die Ziegelei herum entstanden vor dem 2. Weltkrieg die ersten Arbeiterwohnhäuser. Wartezeiten während des Brennens überbrückten sich die Bediener des Ringofens gerne mit Schnaps und Kartenspiel.

Im Zweiten Weltkrieg kam die Ziegelproduktion wegen Arbeitskräftemangel zum Stillstand. 1940 wurde die Dampfmaschine von der Wehrmacht eingenommen und kehrte nie zurück.

1945 wurde die Produktion wieder aufgenommen. Es stellte sich nach einer erneuten Modernisierung eine erneute Blütezeit ein. Mit der Elektrifizierung des Umlandes wurden elektrische Antriebe für die Maschinen eingeführt.

Der Lehmtransport erfolgte wiederum mit Pferd und Loren. Eine der Lehmgruben befand sich südwestlich der Ziegelei an der Eisenbahn und bestand im Wesentlichen aus sandigem Ton in einer Mächtigkeit von mehreren Metern. Eine weitere Grube befand sich nordöstlich, auf einem Hügel direkt hinter den Wohnhäusern, und lieferte in einer Mächtigkeit von ca. einem Meter einen lehmigen Ton. Die Tone beider Gruben wurden per Hand abgebaut und im Kollergang gemischt. Zwischen 1945 und 1949 (Eintritt Herr Dreesemann) wurde eine Feldbahnlokomotive Fabr. Hatlapa, Typ Junior mit ca. 5PS mit dunkler Farbgebung (schwarz oder blau) angeschafft. Die Lokomotive war in der Lage, 1 beladene Lore von der nördlichen Grube und 2 beladene Loren von der südlichen Grube zu befördern.

Ca. 1955 wurde nordwestlich hinter der bestehenden Grube eine dritte Grube aufgeschlossen, die lehmigen, mit Mergelstein versetzten Ton freilegte. Für die Förderung des Tones wurde zeitgleich ein fabrikneuer Eimerkettenbagger auf Breitspurgleis angeschafft. Zeitgleich wurde für den Lehmtransport auch eine weitere, vermutlich grün lackierte Lokomotive des Fabrikats Hatlapa, Typ 9, mit ca. 10 PS, fabrikneu angeschafft. Der Sitz dieser Lokomotive war seitlich angeordnet. Die größere Lokomotive war in der Lage, 2 beladene Loren von der bergseitigen Grube und 4 beladene Loren von der talseitigen Grube zu schleppen. Die kleinere Lok wurde seitdem vorwiegend für Verschubarbeiten innerhalb der Ziegelei, z.B. zwischen der Strangpresse und dem Trockenschuppen eingesetzt.

In der Zeit von 1950 bis 1960 wurden durchschnittlich 20 Mitarbeiter für die Ziegelproduktion benötigt. Unter den Arbeitern befanden sich nur noch wenige Wandlerziegler, dafür vermehrt Flüchtlinge aus dem Osten. Von Weihnachten bis in den März hinein herrschte Betriebsruhe auf der Ziegelei. Nur wenige Arbeiter waren in dieser Zeit mit dem Verladen gebrannter Ziegelsteine beschäftigt.

Weiteres Merkmal des letzten Modernisierungsschubes war der Einbau eines künstlichen Trocknungskanals. Die Abwärme des Ofens wurde über ein Gebläse durch einen Trocknungskanal geführt und trocknete so wesentlich schneller die Steine, als dies mit den bisherigen natürlichen Verfahren möglich war. Diese Anlage, aufgebaut von belgischen Technikern, hat sich jedoch nie bewährt, da die Steine zu schnell und zu heiß getrocknet und durch Risse unbrauchbar wurden.

Heute sind auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch ehemalige Trockenschuppen vorhanden, die mit einer Wandverschalung versehen als Geräteschuppen genutzt werden. Weiterhin ist das ehemalige Pressenhaus in umgebauter Form noch vorhanden und wird ebenfalls vom gegenüberliegendem Landwirt als Maschinenhalle genutzt. Hier befinden sich noch heute Fundamente des maschinenbetriebenen Kollenganges.

Fahrzeuge der Ziegelei Ahlers in Billerbeck:

BildHerstellerFabr.Nr.BaujahrBauartTypLeistung/PSGewicht/kgEinsatzgeschichte
     Pferd1 Pferdebetrieb bis ca. 1945
 Hatlapa  BdmJunior6800Neu beschafft um 1945, später vermutlich verschrottet
 Hatlapa  Bdm9/12102000Neu beschafft um 1950, später vermutlich verschrottet
     Kipploren  0,5 bis 0,75 cbm Inhalt
Erläuterungen zu Spalte Bauart:
B= zweiachsig, gekuppelte Achsen
dm= Dieselmotor, mechanisches Schaltgetriebe

Ziegelei von Süd nach Nord, um 1930. (Foto: Slg. Verneuer)
Luftbild um 1955. (Foto: Slg. Verneuer)
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